Wahl der Schwerbehindertenvertretung

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Außergerichtliche Kosten bei Wahlanfechtung - wer trägt diese?

Es können auch die außergerichtlichen Kosten eines Wahlanfechtungsverfahrens zu den Kosten einer Wahl zählen, die laut Bundespersonalvertretungsgesetz von der Dienststelle zu tragen sind

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 7. Juli 1999 – 7 ABR 4/98

Auch die außergerichtlichen Kosten eines erfolgreich durchgeführten personalvertretungsrechtlichen Wahlanfechtungsverfahrens sind „Kosten der Wahl“, die von der Dienststelle zu tragen sind (Änderung der Rechtsprechung; vgl. Beschlüsse vom 25. Februar 1983 – BVerwG 6P 41. 79- ZBR 1983, 311 und vom 27. Juli 1983 – BVerwG 6P 7. 81 – Buchholz 238. 3A § 24 Nr. 2 – dort nur Leitsatz).

Beitrag von Robert Kasseckert

Kein aktives Wahlrecht für die Gesamtschwerbehindertenvertretung

Mit Urteil vom 24.05.06 (Az.: 7 ABR 40/05) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass bei den Wahlen zur Hauptschwerbehindertenvertretung die Gesamtschwerbehindertenvertretung nicht wahlberechtigt ist. Alle übrigen Schwerbehindertenvertretungen im Geschäftsbereich sind wahlberechtigt, es sei denn, dass dort 10 oder mehr Bezirksschwerbehindertenvertretungen gebildet worden sind. Diese Entscheidung bezieht sich auf den Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes, ist jedoch sinngemäß auch in den Bereichen der Landespersonalvertretungsgesetze von Bedeutung.

Beitrag von Robert Kasseckert

Kein Wahlrecht in der Freistellungsphase des Blockmodells der Altersteilzeit

Während der Arbeitsphase der Altersteilzeit besitzen diese Beschäftigten sowohl das aktive als auch passive Wahlrecht. Mit Beginn der Freistellungsphase entfällt zwar die Pflicht zur Arbeitsleistung, das Beschäftigungsverhältnis besteht jedoch bis zum Ende der Freistellungsphase weiter. Während dieser Freistellung mangelt es an der Beschäftigteneigenschaft im Sinne von § 177 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB IX. Damit entfällt die Wahlberechtigung, somit auch die Wählbarkeit. (Auch das Amt der Schwerbehindertenvertretung erlischt ab Beginn der Freistellungsphase.)

Stimmabgabe ungültig, wenn die dazugehörende Erklärung fehlt

Bei der schriftlichen Stimmabgabe im förmlichen Wahlverfahren ist dem Wahlberechtigten mit den Briefwahlunterlagen auch eine vorgedruckte Erklärung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO auszuhändigen, in welcher dieser versichert, dass er den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat oder ihn durch eine Person seines Vertrauens kennzeichnen ließ, falls er infolge seiner Behinderung in der Stimmabgabe beeinträchtigt ist.

Fehlt die unterschriebene Erklärung, ist die Stimme als ungültig anzusehen (Kommentar Neumann • Pahlen • Majerski-Pahlen zu § 11 SchwbVWO, 11. Auflage, Seite 679, RdNr. 5).

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat anlässlich eines Wahlanfechtungsverfahrens in seiner mündlichen Verhandlung am 19.04.2007 die Erfordernis der Erklärung bejaht und in einem Vergleich protokolliert, dass die Vertrauensperson und deren Vertreter ihre Ämter niederlegen und somit Neuwahlen ermöglichen.

Bei dieser Wahl, bei der schriftliche Stimmabgabe angeordnet war, wurde keinem der Wahlberechtigten eine Erklärung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SchwbVWO mit den Briefwahlunterlagen übersandt.

Aktualisiert Juni 2014, die Redaktion

Übergangsmandat der Schwerbehindertenvertretungen unter analoger Anwendung des Art. 27a BayPVG

Aus Sicht des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat ist eine analoge Anwendung des Art. 27a BayPVG und demzufolge die Bildung einer Übergangsschwerbehindertenvertretung an der jeweils neugebildeten Dienstbehörde möglich, vgl. Knittel zu § 177 Abs. 8 Rn. 265.

Die Amtszeit der Übergangsschwerbehindertenvertretung endet, sobald sich eine neue Schwerbehindertenvertretung konstituiert hat. Die maximale Amtszeit von 12 Monaten gem. Art. 27a Abs. 1 Satz 3 BayPVG ist hierbei zu beachten. Für die analoge Anwendung des Art. 27a BayPVG auf die Schwerbehindertenvertretung bedarf es nach Einschätzung des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat keiner entsprechenden Regelung der jeweils obersten Dienstbehörde. Sofern jedoch ohnehin Regelungen oder Hinweise zur Neustrukturierung von Dienststellen ergehen, sollte ein entsprechender Hinweis über die analoge Anwendung des § 27a BayPVG für die Schwerbehindertenvertretung aufgenommen werden.

Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass der Wahlvorstand – soweit vom SGB IX vorgesehen – ebenso in analoger Anwendung des Personalvertretungsrechts unverzüglich zu bestellen und sodann die Wahl unverzüglich einzuleiten ist.

Beitrag: Robert Kasseckert, Oktober 2020

Wahl der Schwerbehindertenvertretung 2022 / 2023

Wahlanfechtung - allgemein

Für die Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung sind nach § 2 a Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG die Arbeitsgerichte zuständig. Dies gilt auch für Schwerbehindertenvertretungen im öffentlichen Dienst. Eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte besteht demnach nicht mehr.

  • BAG, 7 AZB 40/03, Beschluss vom 11.11.2003
  • VG Berlin, 62 A 11.03, Beschluss vom 08.07.2003
  • § 177 Abs. 6 SGB IX
  • binnen einer Frist von 14 Tagen (im öffentl. Dienst)
  • 3 Wahlberechtigte oder Arbeitgeber
  • bei Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren

Bei ganz groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts kann die Wahl sogar nichtig sein (z. B. Abstimmung durch Handzeichen). In solchen Fällen kommt es nach der Rechtsprechung nicht darauf an, ob die Verstöße das Wahlergebnis beeinflusst haben.

aktualisiert Juni 2018, die Redaktion

Wahlanfechtung - Vertrauensperson für Schwerbehinderte - Rückumschlag ohne Absenderangaben

Nach dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 03.05.2022 – 7 TaBV 1697/21 stellt das Fehlen der Absenderangabe auf dem Rückumschlag einen Wahlanfechtungsgrund dar.

Leitsatz des Beschlusses:

„Die Wahl zur Vertrauensperson für Schwerbehinderte ist anfechtbar, wenn bei der schriftlichen Stimmabgabe die Rückumschläge nicht mit Absenderangaben versehen sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 SchwbVWO) und dies Auswirkungen auf das Ergebnis haben kann. (Rn.26)“

Orientierungssatz

„(Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 7 ABN 57/22)“

Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 03.05.2022 – 7 TaBV 1697/21

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Beitrag: Johann Radlinger, August 2022

Wahlen zu überörtlichen Schwerbehindertenvertretungen

Auch bei der Wahl der Konzern-, Gesamt-, Bezirks- und Hauptschwerbehindertenvertretungen kann ein vereinfachtes Wahlverfahren bei weniger als 50 Wahlberechtigten durchgeführt, wenn der Betrieb oder die Dienststelle aus räumlich weit auseinanderliegenden Teilen besteht. Das Bundesteilhabegesetz hat dies durch eine entsprechende Änderung des SGB IX klargestellt (§ 180 Abs. 7 SGB IX in Verbindung mit § 177 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 SGB IX). Ab 50 Wahlberechtigten ist das förmliche Wahlverfahren allerdings wie bisher zwingend.

Beitrag: Johann Radlinger, Juni 2017,
aktualisiert Juni 2018

Zeitpunkt der Entscheidung zwischen förmlichem und vereinfachtem Wahlverfahren

Nach § 177 Abs. 6 Satz 3 SGB IX wird die Schwerbehindertenvertretung in Betrieben und Dienststellen mit weniger als 50 wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen im vereinfachten Wahlverfahren gewählt, sofern der Betrieb oder die Dienststelle nicht aus räumlich weit auseinander liegenden Teilen besteht.
Bei einer Anzahl von ca. 50 Wahlberechtigten war bisher unklar, wann die Entscheidung für welches Wahlverfahren zu treffen ist. Denn die Anzahl der Wahlberechtigten konnte sich zwischen der Einleitung der Wahl und der Stimmabgabe ändern mit der Folge, dass kurz vor der Stimmabgabe ein anderes als das vorgesehene Wahlverfahren durchzuführen ist.
Nun hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Entscheidung zwischen förmlichem und vereinfachtem Wahlverfahren von der Anzahl der Wahlberechtigten im Zeitpunkt der Einleitung der Wahl abhängt. Dies ist bei der Wahl im förmlichen Wahlverfahren der Erlass des Wahlausschreibens (§ 5 SchwbVWO), bei der Wahl im vereinfachten Wahlverfahren die Einladung zur Wahlversammlung (§ 19 Abs. 1 SchwbVWO). Änderungen hinsichtlich der Anzahl der Wahlberechtigten bis zur Stimmabgabe bleiben dann unbeachtlich.

Beschluss Bundesarbeitsgericht vom 16.11.2005, 7 ABR 9/05

Aktualisiert Juni 2018, die Redaktion