23-02-2023 | Mehrarbeit

Jede über acht Stunden werktäglich hinausgehende Arbeitszeit ist Mehrarbeit im Sinne des § 124 SGB IX (ab 2018 §207 SGB IX)

Tariflich abweichende Arbeitszeiten sind unerheblich. Das gilt auch dann, wenn sie kürzer als die gesetzliche Arbeitszeit sind. Die vor allem tariflich eingeführten Arbeitszeitverkürzungen gewährleisten nämlich nicht den Schutz des schwerbehinderten Menschen vor einer Überbeanspruchung und sind auch nicht geeignet, ihm vergleichbare Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wie einem Nichtbehinderten zu verschaffen. Durch die Flexibilisierungsregelungen wird nämlich vielfach eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit über acht Stunden hinaus ermöglicht.

Schwerbehinderte Menschen haben nach § 81 Abs 4 Ziff 4 SGB IX (ab 2018 § 164 Abs 4 Ziff 4 SGB IX) einen einklagbaren Anspruch auf behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit, soweit dessen Erfüllung für den Arbeitgeber nicht unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist. Hieraus kann sich die Pflicht des Arbeitgebers ergeben, einen schwerbehinderten Arbeitnehmer nicht zur Nachtarbeit einzuteilen und dessen Arbeitszeit auf die Fünf-Tage-Woche zu beschränken.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3.12.2002, 9 AZR 462/01

Die Schwerbehindertenvertretung sollte bei Neueinstellungen die Betroffenen auf die Möglichkeit der Ablehnung von Mehrarbeit hinweisen.

Hinweis
Für schwerbehinderte Beamte im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX beträgt nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Arbeitszeitverordnung die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit seit 1. September 2004 weiterhin 40 Stunden. Die 40-Stunden-Woche gilt entsprechend auch für schwer behinderte Arbeitnehmer mit einem ab 1.5.2005 oder danach gültigen Arbeitsvertrag (z. B. Neueinstellung, Erneuerung eines befristeten Arbeitsvertrages, Höhergruppierung).


Beitrag von Johann Lang/ aktualisiert Franz Wagner 23-02-2023

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