20/02/2023 | Schulungsanspruch für Schwerbehindertenvertretung

Schwerbehindertenvertretung Schulungsanspruch

Leitsatz: Auch das mit der zweithöchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung hat einen Schulungsanspruch, wenn es zur Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung ständig herangezogen ist (Hessisches LAG, Beschluss vom 04.04.2013 – 16 TaBVGa 57/13

Sachverhalt und Entscheidungsgründe:
Die antragstellende Schwerbehindertenvertretung verlangt von der Arbeitgeberin, die mehr als 200 schwerbehinderte Menschen beschäfitgt, durch eine einstweilige Verfügung die Freistellung ihres zweiten stellvertretenden Mitglieds bei Fortzahlung der Vergütung für eine Schulungsveranstaltung zum Sozialgesetzbuch (SGB) IX. Ihre Beschwerde gegen die zurückweisene Entscheidung des Arbeitsgerichts hatte Erfolg. Das Landesarbeitsgericht (LAG) bejaht einen Verfügungsanspruch aus § 96 Abs. 4 Satz 4 Nr. 1 in Verbindung mit § 95 Abs. 1 Satz 4 SGB IX. Aus dem systematischen Zusammenhang der beiden Bestimmungen sowie aus Sinn und Zweck der Norm ergebe sich, dass die Heranziehung des mit der nächsthöchsten Stimmenzahl gewählten weiteren stellvertretenden Mitglieds nur dann erfolgeich sein könne, wenn auch dieses Mitglied zuvor entsprechend geschult worden sei. Ohne die erforderlichen Grundkenntnisse sei die Übernahme von Aufgaben einer Schwerbehindertenvertretung nicht möglich. Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor, da ansonsten ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet werden könne. Das zur Schulung entsandte Mitglied der Schwerbehindertenvertretung laufe Gefahr, für die Dauer der Schulung keine Vergütung zu erhalten und die Kosten für Unterbringung und Fahrt selbst tragen zu müssen.

Quelle: Zeitschrift ZB Behinderte Menschen im Beruf, 3/2013

Anmerkung der Redaktion:
§ 96 Abs. 4 SGB IX – jetzt § 179 Abs. 4 SGB IX
§ 95 Abs. 1 SGB IX – jetzt § 178 Abs. 1 SGB IX


Redaktionell angepasst von Johann Radlinger, 02/2023

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