13/02/2023 | Kostenerstattung vom Heimarbeitsplatz zur Dienststelle für die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen nach § 96 [jetzt: 179] Abs. 8 Satz 1 SGB IX

Die Reisekostenstelle Weiden verweigerte die Erstattung von Reisekosten der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen von seinem Heimarbeitsplatz aus zu seinem Heimatfinanzamt. Er ist als Telearbeiter in der Betriebsprüfung tätig. Die Fahrten waren ausschließlich im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Vertrauensperson notwendig geworden. „Es handele sich um keine Dienstreisen und die Wohnortwahl sei rein privat veranlasst.“ – So die Begründung für die Ablehnung der Kostenerstattung.

Die Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg hatte keinen Erfolg. Die Richter folgten im Wesentlichen den Argumenten der Reisekostenstelle.

Die Vertrauensperson beantragte die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VwG Regensburg vor dem BayVwGH in München. Dort kündigten die drei entscheidenden Richter nach der Prüfung der Stellungnahmen der Beteiligten an, dass sie nach dem bisherigen Sachstand den hier in Betracht kommenden § 130 a VwGO anwenden wollen. Mit Schreiben vom 17.01.2011, Az: 14 B 10.2334 teilt der BayVwGH folgendes mit: „Nach § 130 a VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof der Berufung durch Beschluss stattgeben, wenn er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach dem bisherigen Sachstand kommt hier eine solche Entscheidung in Betracht.“

Daraufhin erstattete die Reisekostenstelle unverzüglich die eingeklagten Reisekosten samt Zinsen, sodass der BayVwGH leider kein Urteil mehr fällen musste. Die Richter hatten offensichtlich keine Schwierigkeiten der Argumentation des RA vom Koll. S. zu folgen, dass in der Tätigkeit als Vertrauensperson sich der häusliche Arbeitsplatz als Dienststelle bestimmt, da im Finanzamt üblicherweise kein eigener Arbeitsplatz zur Erledigung der Geschäfte als Vertrauensperson zur Verfügung gestellt wird. Des Weiteren besitzt der Landesgesetzgeber keine Regulierungskompetenz zur Beschränkung der bundesrechtlichen Ansprüche aus dem SGB IX. Dies bedeutet letztendlich, dass mit keiner Novellierung des Landesreisekostengesetzes der Kostenerstattungsanspruch, der sich aus dem SGB IX ergibt, ausgeschlossen werden kann. Bemerkenswert ist noch, dass der BayVwGH bei seiner Kostenentscheidung ausdrücklich darauf verweist, dass das Verfahren von der Vertrauensperson gewonnen worden wäre.

Während des Verfahrens der Vertrauensperson ist zu möglichen Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Übernahme von Kosten der Schwerbehindertenvertretung durch den Arbeitgeber ein BAG-Urteil ergangen, indem der Rechtsweg nun eindeutig auch für den öffentlichen Dienst vorgeschrieben ist.

Tenor (gestrafft): „Rechtsstreitigkeiten über die nach § 96 [jetzt: 179] Abs. 8 Satz 1 SGB IX bestehende Pflicht des Arbeitgebers, die Kosten der Schwerbehindertenvertretung zu tragen, sind im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu entscheiden. Dies gilt auch dann, wenn die Schwerbehindertenvertretung in einer Dienststelle des öffentlichen Dienstes, in der Personalvertretungsrecht gilt, errichtet ist“ (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 30.03.2010, / AZB 32/09).

Damit sind die Verwaltungsgerichte nicht mehr zuständig und die Aussichten auf Erfolg der Schwerbehindertenvertretungen bei Rechtsstreitigkeiten nach Juristeneinschätzung größer.


(Text: Erwin Schedlbauer, Finanzamt Landshut, redaktionell bearbeitet: Johann Radlinger, 02/2023)

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