02/2023 | Ist es sinnvoll, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen und was habe ich davon?

Schwer erkrankte oder behinderte Menschen können beim zuständigen Amt Zentrum Familie und Soziales einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (§ 152 SGB IX) stellen. Sie erhalten dann je nachdem  einen Grad der Behinderung (GdB) zuerkannt und gelten ab einem GdB von mindestens 50 als schwer behinderter Mensch im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX.  (GdB selbst einschätzen über die „Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung„)

Der Schwerbehindertenausweis sagt nichts aus über die berufliche Leistungsfähigkeit oder gar den Wert eines Menschen, sondern bezieht sich auf die Auswirkungen einer Behinderung in allen Lebensbereichen.

Anerkannt schwerbehinderten Menschen stehen bestimmte Nachteilsausgleiche zu. Durch diese Nachteilsausgleiche soll etwas von den Nachteilen wettgemacht werden, die Sie in Beruf und Gesellschaft möglicherweise in Kauf nehmen müssen.

Die wesentlichen Nachteilsausgleiche sind:

  • Besonderer Kündigungsschutz (besteht darin, dass das Inklusionsamt einer Kündigung zustimmen muss. Es vertritt die Schwerbehinderten und kann bei allen Problemen mit dem Arbeitsplatz eingeschaltet werden)
  • Zusatzurlaub von 5 Arbeitstagen
  • Steuerfreibetrag (die Höhe ist abhängig vom GdB)
  • Herabsetzung der Altersgrenze für das flexible Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung auf das vollendete 63. Lebensjahr* (ein vorzeitiger Bezug ab dem 60. Lebensjahr ist mit Abzügen möglich); weitere Voraussetzung sind 35 Jahre Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung. (Für Beamte gelten ähnliche Regelungen)
  • Förderung der Beschäftigung durch besondere Pflichten der Arbeitgeber (Ausgleichsabgabe, Gleichbehandlungsgrundsatz)
  • Begleitende Hilfen im Arbeits- und Berufsleben (finanzielle Hilfen an Arbeitgeber, Wiedereingliederungshilfe),
  • Hilfsmittelfinanzierung etc., z.B. durch Agentur für Arbeit, Rentenversicherungsträger, Integrationsamt).

Bestehen weitergehende gesundheitliche Beeinträchtigungen, so werden vom Amt für Versorgung und Familienförderung sog. Merkzeichen (z. B. „G“ für eine Gehbehinderung) in den Schwerbehindertenausweis aufgenommen. Abhängig von der Behinderung können dann weitere Nachteilsausgleiche in Anspruch genommen werden (beim Merkzeichen „G“ z.B. die sog. Freifahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln). Weitere Merkzeichen sind z.B. „aG“ für außergewöhnlich gehbehindert, „RF“ für Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung, „H“ für hilflos, „Bl“ für blind.

Bei bestimmten Krankheitsbildern wird neu geprüft (Heilungsbewährung) mit möglicher  Zurückstufung des GdB. Treten neue Behinderungen auf oder verschlechtern sich bestehende Gesundheitsstörungen, so kann jederzeit ein Neufeststellungsantrag gestellt werden. Dann kann sich der GdB erhöhen, die Gültigkeit wird verlängert und/oder Merkzeichen werden in den Schwerbehindertenausweis eingetragen.

Beratung und Hilfe gibt die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen sowie der Betriebs- oder Personalrat!


Beitrag von Johann Lang/ ergänzt von Hermann Reichle, 14.02.2014/aktualisiert Franz Wagner, 23.02.2023

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